Mit einer erschöpften Geste warf Lothar seinen Mantel auf das Bett und fing an in seinen Sachen nach etwas Brauchbarem zu kramen. Die Hochzeitzeremonie hatte man jetzt hinter sich gebracht, nun sollte es ans Feiern gehen. Er hatte keine Lust weiterhin in seinen Festtagskleidern herumzulaufen. Etwas schlichteres Werk, in dem man sich wohler fühlte, danach war ihm jetzt. In der Ecke lag Widukind, sein geliebter Hund, und sabberte auf den Vorleger. Der hatte es gut, dachte er sich. Er hatte sich gerade die Knopfleiste zugeknöpft, da klopfte es an der Tür. Mit großen Schritten ging er durch seine Kemenate und öffnete, wobei er fluchend über sein Schwertgehänge stolperte. Vor der Tür stand der treue Guntelbert mit zwei gefüllten Krügen in der Hand und lächelte ihn mit seinen Pausbäckchen an..
,, Herr Looothar, ich dachte mir, ich bringe euch mal etwas Bier, das erste Fass ist schon fast leer. Herr ich dachte mir heute in der Kapelle, von hinten, wo ich saß, dass ihr einen recht betrüblichen Eindruck machtet. Vielleicht ist mein dummes Auge da auch einem Bock aufgesessen. Kann ich euch etwas Gutes tun, Herr?”
,, Das Bier ist schon mal viel wert treuer Guntelbert.” Er nahm einen kräftigen Zug und rülpste laut. ,, Ist bei den anderen alles in Ordnung? Ist die Stimmung ausgelassen?”
,, Ja, Herr. Alle feiern fröhlich und halten wieder ihre prahlerischen Pläusche. Also so wie eigentlich immer.”
,, Gut zu hören, dass die Normalität so schnell wieder Einzug findet. Ist irgendwer herausstechend von den Dunkelbrunnern? Hält jemand nicht seine Klappe oder ist gar schon besoffen?”
,, Nun Herr, also die Knechte sind froh wie immer, wenn sie Bier und Weiber haben. Von den Herren ist, glaube ich noch keiner besoffen. Der Herr Gilbert gibt gerade seine Geschichte mit dem von Wolfheim zum Besten…” Guntelbert schaut etwas nachdenklich ,,… Nein, ansonsten ist alles recht gesittet.”
,, Gut, gut. Dann geh mal wieder herunter. Ich werd mich hier noch fertig machen. Nein, du brauchst nicht zu helfen. Ich kann das auch gut alleine und langsam ist es auch genug mit dem bedienen deinerseits an meiner Person. Ja, ich weiß du machst es gern, aber du musst dich jetzt langsam daran gewöhnen, das auch mal sein zu lassen. Geh am besten runter und frag Richard, ob du ihm was Gutes tun kannst und sag ihm, dass ich gleich da bin. Ach, nimm den Krug hier mal wieder mit, der ist schon leer. Ist in deinem noch was drin? Ja, dann lass deinen mal hier.”
Guntelbert stellte seinen Krug ab und nahm den anderen in die Hand. Als er die Tür öffnete, um das Zimmer zu verlassen stolperte er etwas zurück, als ihm jemand in den Weg rannte. Ein kleiner Junge wurde von der Wucht des Aufpralls von seinen Füßen gefegt, landete auf dem Hosenboden und guckte verdutzt nach oben.
,, Oh, junger Herr, ich… äh… das tut mir leid, ich hab euch gar nicht gesehen.” Mit kräftiger Hand hob Guntelbert den jungen Richard vom Boden auf, stellte ihn wieder auf seine Beine und klopfte ihm den Dreck von den Kleidern. Richard guckte den Knappen an. ,, Wie gegen die Wand gelaufen, ha ha ha ha!” Guntelbert lächelte und wollte dem Kleinen durch die Haare wuscheln. Der mürrische Blicke seines Herren hinter ihm zeigte ihm jedoch, dass das wohl keine gute Idee wäre. Er lies es sein und machte sich auf den Weg zum Fest.
Richard stapfte in das Zimmer seines Vaters und krabbelte auf das Bett. In seiner Festkleidung sah der Bursche irgendwie noch verloren aus, dachte sich Lothar. Einen braunen Fleck hatte die Weste auch schon. Richard lies die Beine baumeln und guckte sich in der Kemenate um.
,, Und mein Sohn, hast du Spaß auf der Hochzeit gehabt?”
,, Die war ganz langweilig, Vater. Aber das Singen war toll und die Patrice sah ganz toll auch aus und dann ist sie umgefallen und Mutter war ganz besorgt, aber dann ist sie ja wieder aufgestanden und war ja noch blass aber Hilda hat gesagt, dass wird wieder und dann hab ich gefragt, ob ich jetzt spielen gehen kann, mit den Kindern, aber Hilda hat gesagt, das geht jetzt nicht und ich soll jetzt artig sein und das muss jetzt sein, hat sie gesagt, weil das wichtig ist.”
,, Ah ja…” Lothar war bei dem Redeschwall seines Sohnes etwas überfordert. Er nahm sich die Kette von der Truhe und setzte sich neben ihn aufs Bett.
,, Vaaaater, Warum ist Mutter traurig? Mutter lacht gar nicht mehr so viel, wie gestern und so. Ich wollte doch heute mit ihr noch zu den Pferden, wisst ihr? Der Herr Gunther hat doch ganz viele Pferde und er hat gesagt, dass ich mir die angucken darf und dann hab ich Mutter gefragt wann und sie hat gesagt, nach der Hochzeit und dann hab ich sie gefragt, weil die Hochzeit, die war ja dann vorbei hat der Priester gesagt und ich wollte doch die Pferde sehen und dann ist Mutter böse geworden und dann…”
Beim Eynen, dachte Lothar, wenn der so weiterredet, dann wird aus dem noch ein Pfaffe. ,, Nun halt mal die Luft an Richard. Mutter ist traurig, weil ich jemanden mitgebracht habe, den sie nicht kennt.”
,, Ist das der Gaufan? Ist das jetzt mein Bruder? Die Gabriele hat gesagt, dass der Gaufan euer Sohn ist und dann haben die alle traurig geguckt und ich hab das nicht verstanden, weil die Mutter Adelheid hat ja gesagt, das Söhne immer gut sind.”
Verdammt der Bengel hatte gute Ohren. Lothar schluckte den aufkommenden Zorn herunter. ,, Pass auf Richard. Der GAUVAIN ist mein Sohn, aber nicht der Sohn von deiner Mutter, sondern von einer anderen Frau und das macht Mutter traurig, weil sie nicht auch die Mutter von GAUVAIN ist.”
,, Dann ist der Gauven mein Bruder?” Richard wirkte sehr aufgeregt und erfreut. ,, Dann dürfen wir zusammen spielen und …”
,, GauVAIN ist nicht wirklich dein Bruder, aber das erkläre ich dir ein andermal. Wo ist eigentlich Hilda?”
,, Hilda hat gesagt, sie macht jetzt da Bett und ich hab gesagt, dass ich noch nicht müde bin und sie hat gesagt, ich muss aber ins Bett, das muss jetzt sein und dann hab ich gefragt, ob ich noch zu euch darf und sie sagte ja, aber nicht so lange, weil ihr bestimmt ganz viel tun müsst und ich soll dann gleich ins Bett.”
Gut dann bring ich dich noch zum Zimmer, aber nur wenn du dann auch artig schlafen gehst.” Richard nickte und Lothar hob ihn von der Matratze auf, stellet ihn auf den Boden und setzte sich seinen Hut auf. Richard lief zu Widukind auf warf sich auf ihn. Der Hund zuckte, als er aus dem Schlaf gerissen wurde und brummelte wegen der Störung. ,, Gute Naaaaacht Widuuuuuuuuuukind! Bis morgen und dann gehen wir zu den Pferden.” Widukind gähnte und legte seinen Kopf wieder zwischen die Pfoten. Auf dem Weg zum Zimmer seiner Frau bemerkte Lothar, dass sein Sohn etwas hinten in seine Hose gesteckt hatte.
,, Sag einmal Sohn, was hast du denn da in deiner Hose stecken?”
Der kleine Richard drehte sich vor der Tür seiner Mutter um und zog hinter seinem Rücken eine Holzratsche hervor. ,, Die hat mir Onkel Richard geschenkt.”, sagte er und mit einem großen Lächeln auf den Gesicht ließ er sie lärmend kreisen. ,, Freuuudeeeeee!!”
Lothar fasste sich mit der Hand durch das Gesicht und konnte ein Lächeln nicht verbergen. Er öffnete die Tür für seinen Sohn und schob ihn sanft ins schon gewärmte Zimmer hinein. Richard drehte ich noch mal um, hielt sich mit der einen Hand an dem Türgriff fest und sagten einem recht bestimmten Tonfall: ,, Vater. Mutter soll nicht mehr traurig sein. Ein Sohn ist doch ganz toll und sie soll sich freuen. Mutter Adelheid hat das immer gesagt. Dass man sich freuen soll wenn man Kinder bekommt und gerade wenn es ein Sohn ist. Das muss jetzt sein!”
,, Ich wird es deiner Mutter sagen, Sohn. Nun geh ins Bett. Morgen kannst du dir die Pferde ansehen.”
Die Tür schloss sich und Lothar machte sich auf den Weg zur Feier. Die Musik wurde lauter und man konnte langsam die Stimmen der Herren und Damen hören. Es war eine angenehm klare Nacht. Es könnte alles so einfach sein, dachte Lothar und erinnerte sich an die unbedarften Worte seines Sohnes, als er dir Tür zum Saal öffnete. Duft von Schwein stieg ihm in die Nase, diesmal jedoch gebratenes. Das muss jetzt sein…
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